Ein Reiseabenteuer, muskuläre Zwiegespräche und eine Weihnachtsgeschichte aus der Sicht des Stalls

 
Es war wohl genau das richtige Wetter für einen Literaturabend im Format Lesen nach Los am Montag, 25. November im Studio 16 in Traunstein. So konnte der Moderator des Abends und Vorstand des Vereins Chiemgau-Autoren e.V., Michael Inneberger, stolze 35 Gäste und Mitglieder begrüßen. Unter den Gästen war auch der bekannte Schauspieler, Regisseur und Produzent Christian Doermer, der in seiner über 50-jährigen Karriere in über 90 Filmen mitgewirkt hat. Begleitet wurde er von seiner Tochter Christiane Tramitz, die als Verhaltensforscherin und Autorin ebenfalls auf ein beachtliches literarisches Spektrum blicken kann. Besondere Aufmerksamkeit erregte sie mit ihren letzten beiden Büchern, Die Sennerinn vom Geigelstein und Die Schwestern von Marzahn.
 
Aus aktuellem Anlass wurde der gewohnte Ablauf des Abends geändert und die allgemeinen Informationen vorgezogen. In Gedenken an den dieses Jahr verstorbenen Vereinsvorstand und Autor Reinhard Hauswirth las der Moderator nach einer Schweigeminute dessen Kurzgeschichte „Er war wer“, in der es um einen ging, der vor lauter Arbeit vergaß zu leben.

Dann gab es ein Jubiläum für die Chiemgau-Autoren: Die erste Anthologie mit dem Titel Trotz Kollaps Schreiben ist erschienen und lag druckfrisch für die anwesenden Autoren bereit. Das erste Exemplar wurde Herrn Hußmann vom LRA-Traunstein für seine Unterstützung des Projektes überreicht, das im Rahmen der Traunsteiner Kulturtage 2019 entstand und eine Geschichtenkette zum Inhalt hatte, die dem Jubiläumsthema Salz gewidmet war. Das Buch ist im Buchhandel erhältlich.

Zwei Chiemgau Autorinnen konnten im vierten Quartal literarische Erfolge vorweisen: Armena Kühne-Enzinger hat es unter 440 deutschlandweiten Einsendungen mit ihrer Geschichte Glockengasse 13-oder die Zeit mit Garib unter die ersten acht des dieses Jahr erstmalig ausgeschriebenen Literaturwettbewerbs Grassauer Deichelbohrer geschafft. Ihre und 32 weitere Geschichten zum Thema Nähe wurden bei der Preisverleihung am 26. Oktober in der Villa Sawallisch in Grassau in Form eines Buches der Öffentlichkeit vorgestellt.

Die Autorin und Volkskundlerin Ingeborg Schmid gewann mit der in kerniger Ötztaler Mundart geschriebenen Geschichte Wenne hot augekleart augeheart? (wann hat aufgeklärt aufgehört) den 3. Preis des österreichischen Franz-Stelzhamer Wettbewerbs. Diese sprachlich fein ziselierte Geschichte über Sammelleidenschaft widmet sich dem Problem, die Fülle des liebevoll Gehorteten gebührend aufzubewahren.

Der Hauptteil des Abends begann mit einem angemeldeten Betrag von Karl-Heinz Austermayer, der in bayerischer Mundart passend zur Jahreszeit die Gedichte Herbstspaziergang, Föhn im Chiemgau, Saunaspaß, s`Kripperl unterm Herrgottswinkel, sowie eine Weihnachtsgeschichte aus der Perspektive des Stalls vortrug.

Zwei weitere Autoren wurden unter den lesewilligen Gästen ausgelost. Das erste Los traf den Aschauer ehemaligen Koch Max Rubin. Er las aus seiner Autobiografie Abenteuer die Geschichte einer Urlaubsreise in den neunziger Jahren, die von der Schweiz über Ungarn in die Ukraine führte, in der er zusammen mit seiner Frau Inge und deren Freundin Frieda allerlei skurrile Situationen meistern musste. Dem Autor gelang es dabei mittels seiner kernigen Aussprache, die an den bekannten Kabarettisten Emil Steinberger erinnerte, und seinen trockenhumorigen Sätzen, bei den Zuhörern eine gelöste und heitere Stimmung zu erzeugen.

Das zweite Los ging an Gabriele Brunner-Huber. Sie las aus ihrem Buch Stabil im Leben. Sie ist Physiotherapeutin mit Leib und Seele, hat mit verhaltensauffälligen Jugendlichen gearbeitet und erzählte von deren Behandlung, wobei sie entdeckt hat, dass durch gezielte feine Bewegungen, die sie muskuläre Zwiegespräche nennt, offenbar tiefere Bewusstheitsschichten angesprochen werden, die dann ihrerseits auf den Ebenen Körper, Geist und Seele Heilungsprozesse auslösen können.

Eine Weihnachtsgeschichte aus der Perspektive des Stalls, eine launige Abenteuergeschichte aus den Neunzigern gefolgt von einer Erzählung über muskuläre Zwiegespräche die heilend wirken: Abwechslungsreicher kann ein Literaturtreffen nicht sein. Das sahen auch die anwesenden Literaturfreunde so, stellten interessierte und kritische Nachfragen zum Inhalt, Schaffensprozess und der Biografie der Autor/innen und bedachten alle drei mit kräftigem Applaus.

Im Anschluss an die Lesungen wurden unter der Moderation von Michael Inneberger Vereinsthemen wie die Kulturtage 2020, zu denen die Chiemgau-Autoren wieder ein spannendes Projekt planen, diskutiert. Nächstes Jahr wird es um das Thema Frieden gehen. Auch wird die Schreibwerkstatt Arbeit am Text – konkret fortgesetzt. Der nächste Termin ist am Samstag, 7. Dezember, es sind noch Plätze frei. Das nächste Literaturtreffen findet am 27. Januar im Studio16 statt. Autor/innen aller Genres und Zuhörer/innen sind wie immer herzlich willkommen!

 
Bericht und Fotos: Reinhold Schneider
v.l.n.r.: Michael Inneberger, Max Rubin, Gabriele Brunner-Huber, Karl-Heinz Austermayer
v.l.n.r.:  Michael Inneberger, Meike K. Fehrmann, Christian Hußmann
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